6. Sonntag nach Ostern – Abwarten und Tee trinken
16.05.2021
Abwarten und Tee trinken. Das ist so ein Sprichwort unserer Heimat, das meine Großmutter mir manchmal sagte, wenn es gerade nicht rund lief. Abwarten und Tee trinken. Meine Oma verband damit Hoffnung auf bessere Zeiten…
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Abwarten und Tee trinken
Gedanken von Dirk Gogarn
Gottes Gnade sei mit euch und der Friede unseres Herrn Jesus Christus
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes. Amen.
Im Johannesevangelium wird im 7. Kapitel in den Versen 37-39 folgende Begebenheit berichtet:
Am letzten Tag, dem Höhepunkt des Festes, trat Jesus vor die Menschenmenge und rief laut: „Wer Durst hat, soll zu mir kommen. Und es soll trinken, wer an mich glaubt. So sagt es die Heilige Schrift: Ströme von lebendigem Wasser werden aus seinem Inneren fließen.“ Jesus bezog dies auf den Heiligen Geist. Den sollten die erhalten, die zum Glauben an ihn gekommen waren. Denn der Heilige Geist war noch nicht gekommen, weil Jesus noch nicht in seiner Herrlichkeit sichtbar war.
(Übersetzung der Basisbibel)
Wir beten:
Guter Gott,
da wohnt eine Sehnsucht in uns nach einem guten und erfüllten Leben.
Leben wünschen wir uns. Leben in Würde, Qualität und Fülle.
Abwarten fällt uns oft schwer.
Schwierige und unsichere Monate haben wir hinter uns.
Wir haben erlebt, wie bedroht das Leben/unser Leben sein kann.
Schenke du sichere Zeiten.
Wirke du auch mit deinem guten Geist Qualität des Lebens.
Sensibilisiere uns für Schutz und Freiheit unserer Mitmenschen.
Schenke uns das, was wir brauchen, heute und alle Tage unseres Lebens.
Nimm du uns am Ende in Ehren an.
Amen.
Liebe Gemeinde,
abwarten und Tee trinken. Das ist so ein Sprichwort unserer Heimat, das meine Großmutter mir manchmal sagte, wenn es gerade nicht rund lief. Abwarten und Tee trinken. Meine Oma verband damit Hoffnung auf bessere Zeiten. Wir haben mit den letzten Monaten eine schwierige Zeit hinter uns. Bei den vielen Einschränkungen, die uns alle getroffen haben, wurden wir auf eine harte Geduldsprobe gestellt. Und längst ist noch nicht alles überwunden. Weltweite Mutationen des Virus sind weiterhin besorgniserregend. Aber: Wir sind wieder auf dem Weg hin zur Normalität. Sicherlich werden wir in der neuen Normalität feststellen, dass sich einiges verändert hat und auch wir selbst nicht die Gleichen geblieben sind. Der Sonntag vor Pfingsten ist der Sonntag, wo Jesus Abschied nimmt von seinen Jüngern. Sie sind recht traurig und sich dessen ungewiss, was geschehen wird. Er sagt ihnen: „Euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll niemand von euch nehmen“. (Johannes 16,22b) Damit verspricht er ihnen, dass sie weiterhin eine gute Zeit haben werden oder dass nach der bescheidenen Zeit wieder eine bessere Zeit kommen wird. Eine Zeit, wo er bei ihnen sein wird, jedoch in anderer Form. Er redet von einem tröstenden, einem heiligen Geist, der ihnen alle Tage Mut machen wird in Freud und Leid. Einen Geist, der ihnen mit der gleichen Qualität beistehen wird, so wie er an ihrer Seite war.
In unserem heutigen Predigttext treffen wir Jesus auf dem Höhepunkt eines großen jüdischen Festes an. Es ist das Laubhüttenfest, das im Herbst eines jeden Jahres an sieben Tagen gefeiert wird. Gefeiert wird, dass nach dem großen Marsch durch die Wüste das Volk Israel im gelobten Land angekommen ist. Der Marsch durch die Wüste war eine schwierige und entbehrungsreiche Zeit. Jetzt ist im wahrsten Sinne des Wortes Land in Sicht. Die Zeiten können nur noch besser werden. Daher wird erst einmal ausgiebig gefeiert. Jesus ist keine „Spaßbremse“. Er und seine Leute feiern mit. Und dann geschieht etwas sehr Interessantes. Die schwierige Zeit, wo die Menschen Hunger und Durst in der Wüste litten; eine entbehrungsreiche Zeit, die kein Ende zu finden schien, diese Zeit wird mit einem Male positiv gedeutet. Die Wüstenwanderung hatte etwas Gutes, da das Volk zur Besinnung auf die wirklich wichtigen Dinge kam, und da das Volk Gottes bewahrende Nähe gespürt hat. Und sie sind noch da. Ein Grund zur Feier. Jetzt sind sie an der Schwelle zu ihrem Ziel angelangt. Jesus feiert mit. Und der Jesus, der noch da ist, nutzt die Zeit, um den Menschen zu verdeutlichen, worauf es im Leben wirklich ankommt.
Da gibt es Wasser und Brot als Nahrungsgrundlagen, die uns unser Gott schenkt. Überhaupt besteht der Mensch ja weitgehend aus Wasser. Hier ist die Rede von einem Wasser, welches durchaus Symbolgehalt hat. Wasser ist Leben; Lebendigkeit, die Gott ins Leben hineinbringt. Es ist neues Leben, das wir immer wieder empfangen können, auch mit dem Geist, den Jesus uns verspricht. Ich meine, wir tun gut daran, auch schon kleine Kinder zu taufen, weil neues Leben bzw. etwas Neues im Leben beginnt, die Dimension Gottes ins Spiel kommt, der uns versorgt an Leib und Seele, der uns nahe ist, wenn wir uns ihm anvertrauen. So steht ein Fest am Anfang unseres Lebens, ein Fest Gottes, der das Leben zu einem Fest machen kann. Dieser Gott ist ein Gott, der uns zur Besinnung bringen kann und ein Gott, der uns versorgt, wie es das Volk Israel auf seiner Wüstenwanderung erfahren hat. Das Wasser ist das eine, das Brot ist das andere, was Jesus erwähnt. Er sagt sogar, dass er selbst das Brot des Lebens ist (Johannes 6,35). Unser Gott gibt Wasser und Nahrung, aber er ist viel mehr als Nahrung. Er gibt uns den Glauben, in dem wir uns gehalten wissen dürfen alle Tage unseres Lebens – auch dann, wenn uns in Wüstenzeiten die Puste auszugehen droht.
Manchmal hilft das wirklich: Abwarten und Tee trinken, in dem Bewusstsein, dass wieder bessere Zeiten kommen. Und dann dürfen wir ein Fest feiern, so wie auch Jesus und seine Leute beim Laubhüttenfest ihres Volkes mitfeiern. Wasser und Brot habe ich genannt. Jesus nennt aber auch den Wein. „Ich bin der Weinstock und ihr seid die Reben“ (Johannes 15,1.2). Mit dem Wein kommt Qualität ins Leben hinein. Der Mensch wird beziehungsfähig. Er kann seine Beziehung zu Gott pflegen, aber Menschen können auch untereinander Beziehungen von Qualität haben. Beziehungen, die freilich gepflegt sein wollen, wie Jesus das in seinen Gedanken vom Weinstock und den Reben verdeutlicht. Jesus ermöglicht uns ein sehr waches Leben, mit dem Blick darauf, was uns wirklich guttut. Er macht uns gemeinschaftsfähig mit Gott und unseren Mitmenschen. Er sensibilisiert uns dafür, dass wir uns von außen berühren lassen können. Und dass das dann wirklich eine neue Qualität ins Leben hineinbringen kann mit Trost und Beistand in schwieriger Zeit. Seine Anwesenheit und Rede auf dem Fest symbolisiert, dass es nach schwierigen Zeiten auch wieder gute Zeiten geben kann; möglicherweise anders als wir uns das vorgestellt haben, aber dennoch gut. Ein genauer Blick auf die Wüstenwanderung des Volkes Israel macht deutlich, dass auch vermeintlich schwierige Zeiten einen guten Sinn gehabt haben können.
Amen.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft
bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus unserem Herrn.
Amen.
Refrain Da wohnt ein Sehnen tief in uns, o Gott, nach dir, dich zu sehn, dir nah zu sein. Es ist ein Sehnen, ist ein Durst nach Glück, nach Liebe, wie nur du sie gibst.
- Um Frieden, um Freiheit, um Hoffnung bitten wir. In Sorge, in Schmerz, sei da, sei uns nahe, Gott.
- Um Einsicht, Beherztheit, um Beistand bitten wir. In Ohnmacht, in Furcht, sei da, sei uns nahe, Gott.
- Um Heilung, um Ganzsein, um Zukunft bitten wir. In Krankheit, im Tod, sei da, sei uns nahe Gott.
- Dass du, Gott, das Sehnen, den Durst stillst, bitten wir. Wir hoffen auf dich, sei da, sei uns nahe Gott.
Refrain Da wohnt ein Sehnen tief in uns, o Gott, nach dir, dich zu sehn, dir nah zu sein. Es ist ein Sehnen, ist ein Durst nach Glück, nach Liebe, wir nur du sie gibst.
EG E 24. Originaltitel There is a longing. Text und Melodie Anne Quigley 1973. Dt. Eugen Eckert 1986