3. Sonntag der Passionszeit – Mehr Licht
07.03.2021
Ich bin ein großer Anhänger natürlichen Lichtes. Daher bin ich auch ein Freund unserer alten romanischen und gotischen Kirchen. Lange bevor das elektrische Licht erfunden wurde, wiesen diese Kirchen eine faszinierend gute natürliche Lichtführung auf: Seien es nun die gotischen Kirchen mit ihren Fenstern im Obergaden oder Kirchen etwa der rheinischen Romanik mit ihren Kleeblattstielfenstern… Hier anschauen …ggggg
Mehr Licht
Gedanken zu Epheser 5, 1-9
von Dirk Gogarn
Gottes Gnade sei mit euch und der Friede unseres Herrn Jesus Christus und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes.
Epheser-Brief, Kapitel 5, Verse 1-9
So ahmt nun Gott nach als geliebte Kinder und wandelt in der Liebe wie auch Christus uns geliebt hat und hat sich selbst für uns gegeben als Gabe und Opfer, Gott zu einem lieblichen Geruch. Von Unzucht aber und jeder Art Unreinheit oder Habsucht soll bei euch nicht einmal die Rede sein, wie es sich für die Heiligen gehört, auch nicht von schändlichem Tun und von närrischem und losem Reden, was sich nicht ziemt, sondern vielmehr von Danksagung. Denn das sollt ihr wissen, dass kein Unzüchtiger oder Unreiner oder Habsüchtiger -das ist ein Götzendiener- ein Erbteil hat im Reich Christi oder Gottes. Lasst euch von niemandem verführen mit leeren Worten; denn um dieser Dinge willen kommt der Zorn Gottes über die Kinder des Ungehorsams. Darum seid nicht ihre Mitgenossen. Denn ihr wart früher Finsternis; nun aber seid ihr Licht in dem Herrn, die Frucht des Lichts ist lauter Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit.
Guter Gott,
gib du uns wache Augen,
um dein Licht zu sehen, dass das Licht der Welt ist.
Und dann gib uns wache Sinne, Verstand und Tatkraft,
um Licht -mehr Licht- in diese Welt hineinzutragen.
Schenke Begegnungen bei Licht zwischen Gott und Mensch
und zwischen den Menschen untereinander.
Amen.
Ich bin ein großer Anhänger natürlichen Lichtes. Daher bin ich auch ein Freund unserer alten romanischen und gotischen Kirchen. Lange bevor das elektrische Licht erfunden wurde, wiesen diese Kirchen eine faszinierend gute natürliche Lichtführung auf: Seien es nun die gotischen Kirchen mit ihren Fenstern im Obergaden oder Kirchen etwa der rheinischen Romanik mit ihren Kleeblattstielfenstern. Selbst barocke Kirchen lösen die Frage der Ausleuchtung oft durch eine Öffnung, eine „Laterne“ im Dach. Das mystische Licht der Gotik weist uns mit seinem ausgeklügelten Farbenspiel auf das Geheimnis Gottes hin.
Heute neigen wir meiner Meinung nach eher an einem „Zuviel“ an Licht. Alles hell beleuchtet. Elektrische Strahler in Kirchen mit guter natürlicher Ausleuchtung. Manchmal tut das meinen Augen weh. Da wo überwacht werden soll, ist viel Licht. Ich erinnere mich noch an die nachts taghell erleuchtete Grenze der DDR. Meine Großeltern kannten noch „Dunkelstunde“, wo in der Dämmerung zwischen Sonnenuntergang und Dunkelheit kein Licht eingeschaltet wurde. Geschichten wurden da erzählt. Die Zeit schien einmal für einen Augenblick still zu stehen. Heute komme ich in Räume, die künstlich beleuchtet sind, selbst dann, wenn es draußen noch hell ist.
Der Epheserbrief redet von einem Wandel im Licht des Herrn. Dieser Brief nimmt unsere Lichtthematik auf. Der Wandel im Licht soll das Leben der Gemeindemitglieder bestimmen. Der Epheserbrief macht in der Nachfolge Christi vielerlei moralische Qualitäten für den Lebenswandel der Christen fest. Vermieden werden sollen Unzucht, Habsucht und üble Nachrede. Wenn der Epheserbrief von Unreinheit redet, dann ist er einerseits sicherlich noch nahe an den Kriterien der jüdischen Kultgemeinde. Andererseits entfernt er sich auch schon vom Urchristentum, indem er versucht, so etwas wie eine bürgerlich-christliche Gesellschaft zu etablieren. Forscher haben zu Recht darauf hingewiesen, dass es im Epheserbrief nicht Paulus selber ist, der das Wort ergreift, sondern einer seiner Schüler, der das Werk seines Lehrers fortzuführen trachtet. Paulus ging es darum zu verdeutlichen, dass Christen eine Hoffnung haben, die weit über den Tod hinausgeht. Und dass Christen vorbehaltlos von Gott als seine Kinder angenommen sind. Ein großes Angebot, das allen Menschen gilt. Den Schülern des Paulus kommt das Verdienst zu, dass sie den Stand des Christen in der Welt definieren, dass sie Maßstäbe ethischen Zusammenlebens beschreiben. Da ist es dann gut und auch ganz im Sinne des Paulus, wenn die Rücksichtnahme aufeinander in den Focus gerückt wird. Doch in einem jeden Leben, auch im Leben eines Christen, wird es immer Licht und Schatten geben. Eine absolute Moralisierung des Handelns kann unter der Hand nur allzu schnell zur Doppelmoral führen.
Aus dem Verhaltenskatalog des Paulsschülers mag ich aber einen Punkt herausnehmen und näher betrachten wollen. Er betont in besonderer Weise die hohe Verantwortung, die dem Reden und der Sprache zukommt. Er warnt vor „närrischem und losem Reden“. Ja, da ist schnell einmal etwas gesagt, was den Mitmenschen diskreditiert. Und wenn man Dinge nicht genau weiß, dann soll man sie lieber gar nicht weitererzählen. Abwertende Rede oder üble Nachrede hat schon manch einem Menschen geschadet oder eine Existenz vernichtet. Warum nicht auch einmal loben? Das Positive sehen, es benennen und auch herausstellen. Wir Sauerländer müssen es ja nicht mit der Binsenweisheit halten, die uns nachgesagt wird, dass nicht gemeckert das höchste Lob sei.
Jesus selbst betont am Anfang seines Wirkens in der Programmrede auf dem Berge die hohe Verantwortung der Worte. In seiner Aktualisierung des fünften Gebotes „Du sollst nicht töten“, macht er deutlich, dass Worte schon töten können. Wie überhaupt wird am Beispiel der Sprache deutlich, dass Achtsamkeit im Umgang mit ihr dem Menschen immer gut tut. Dem Mitmenschen sein Eigentum und sein Lebensrecht zu belassen, gehört zu den Grundlagen eines jeden auf Gelingen hin angelegten Zusammenlebens. Sprache entwickelt sich im Kontakt der Menschen untereinander. Und sie entwickelt sich stetig weiter. Auch an diesem Punkt stehe ich jeder Moralisierung skeptisch gegenüber, wo dann die eigenen Maßstäbe für die anderen gelten sollen. Vieles regelt sich positiv in einem Miteinander, das den gesunden Menschenverstand bemüht.
Der bekannte Theologe Dietrich Bonhoeffer betont, dass wir in einer „noch nicht erlösten Welt“ leben. Solange das so ist, wird es im menschlichen Miteinander „Licht“ und „Schatten“ geben. Als Christen können wir dazu beitragen, dass mehr natürliches Licht sich durchsetzen möge. Das ist besser, umweltverträglicher und ökologischer als alles künstliche Licht. Gottes Liebe können wir so weitergeben in seine geliebte Schöpfung hinein. Heller mag es dann werden bei uns und in der Welt; gerade auch beim Umgang mit Meinungsverschiedenheiten und Konflikten.
Seine Skepsis gegenüber künstlicher Beleuchtung macht im 19.Jahrhundert der österreichische Volksschauspieler Johann Nestroy deutlich: „Ich find, jede Beleuchtung ist unangenehm. Wenn man jemanden hasst, ist man froh, wenn man ihn nicht mehr sieht; wozu die Beleuchtung. Wenn man jemanden liebt, ist man froh, wenn einen die anderen nicht sehen; wozu die Beleuchtung. Die übrige gleichgültige Welt nimmt sich im Halbdunkel erträglicher aus; wozu die Beleuchtung?
In unserer gebrochenen Welt mag der natürliche Lichtstrahl von Gottes Liebe weitergegeben werden.
Amen
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft,
bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus unserem Herrn.
Amen
- Tragt in die Welt nun ein Licht, sagt allen: Fürchtet euch nicht! Gott hat euch lieb, Groß und Klein! Seht auf des Lichtes Schein.
- Tragt zu den Alten ein Licht, sagt allen: Fürchtet euch nicht! Gott hat euch lieb Groß und Klein! Seht auf des Lichtes Schein!
- Tragt zu den Kranken ein Licht, sagt allen: Fürchtet euch nicht! Gott hat euch lieb, Groß und Klein! Seht auf des Lichtes Schein!
- Tragt zu den Kindern ein Licht, sagt allen: Fürchtet euch nicht! Gott hat euch lieb, Groß und Klein! Seht auf des Lichtes Schein!
(Evangelisches Gesangbuch Nr. 538, Text und Melodie: Wolfgang Longardt 1972)