107 Jahre Johannis-Kirche Eiringhausen
Infos über die Johannis-Kirche Eiringhausen …ggggg
Für den aus Zittau stammenden Hagener Architekten Gustav Mucke war die Eiringhauser Kirche eine von einem guten Dutzend Kirchenneubauten, die er mehr oder weniger gleichzeitig plante und ausführte. Neben viele Kirchen im Dortmunder Raum plante er auch die Attendorner Erlöserkirche.
Als evangelische Predigtkirche ist die Johannis-Kirche ein Kind ihrer Zeit und weist romanisierende, klassizistische und Jugendstilelemente auf. Das noch am Ursprungsort über dem Altar eingebaute Abendmahlsbild und das heute unter der Orgelempore platzierte Bild aus der Gethsemaneszene stammen aus der Zittauer Kirchenglasmalerei Türcke.
Dem Kirchbau gingen zehn Planungs- und Streitjahre voraus, ehe die Eiringhauser das von ihnen gewünschte Gotteshaus bauen konnten. Dafür gönnten sie sich die größte Kirche der Stadt mit immerhin 850 Sitzplätzen.
Im Laufe der 107 Jahre wurde die Kirche innen zweimal umfangreich verändert. Die Renovierung des Jahres 1964 stellte dabei den massiveren Eingriff dar: Ausmalung und ursprüngliche Ausstattung verschwanden, mit Ausnahme der Bänke und Emporenbrüstungen. 1969 ersetzte man – gegen ausdrücklichen Rat die ursprüngliche Orgel eines regionalen Orgelbauers – durch ein erheblich größeres Instrument der Orgelbaufirma Weigle. Setzten bis dahin Bänke, Brüstungen und Orgelkorpus einen einheitlichen Akzent, störten vor allem Gestaltung und Holzfarbe des Gehäuse der neuen Orgel das Gleichgewicht zwischen ursprünglicher und veränderter Kirchraumgestaltung.
Mit der Innenrenovierung von 2003/2004 wurde der vorsichtige Versuch einer Verbindung von ursprünglicher Ausmalung und radikalem Eingriff der 60er Jahre unternommen. Die Zahl der Sitzplätze reduzierte sich noch einmal durch die Herausnahme einer weiteren Bankreihe im Mittelschiff auf nunmehr 500 (die Bankreihen unter der Orgelempore waren in den 90er Jahren entfernt worden).
Nicht erst 2020 wiesen die Fugen und vor allem die grauen Steine der Bruchsteinverkleidung der Kirche erhebliche Mängel und Risse auf. Unter Federführung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe besichtigten im Oktober 2020 auf Einladung der Architektin des Kreiskirchenamtes, Christa Woschée, Fachfrauenfrauen und -männer die Außenfassade der Kirche. Noch im Herbst 2020 erfolgte – nach schneller denkmalrechtlicher Genehmigung – die Sanierung der äußeren Strebepfeiler. Die Fugen wurden erneuert, gerissene Steine verklebt. Im Jahr 2021 wird aufgrund der Dringlichkeit die komplette restliche Kirchenfassade saniert.
Über die Planungs- und Bauphase der Johannis-Kirche berichtet die Festschrift zum 50. Geburtstag der Kirchengemeinde:
(…) Nur langsam vergrößerte sich die Zahl der Bewohner unserer Täler. Erst die Industrialisierung im 19. Jahrhundert brachte einen Zuwachs der Bevölkerung und den Zuzug fremder Familien aus Wittgenstein, Hessen, Ost- und Westpreußen, Süddeutschland und von deutschen Rückwanderern aus Ungarn, die sich gern in unsere Industrie, Ziegelbäckereien und Bauwirtschaft einreihen ließen. Die tägliche Arbeit war lang und anstrengend; es wurde sogar sonnabends bis 18 Uhr in den Betrieben geschafft. Kein Wunder, daß die Evangelischen von Eiringhausen und Böddinghausen, die zum Gottesdienst den für sie weiten Weg nach der Christuskirche in Plettenberg zu laufen hatten, sich einen kürzeren Kirchenweg wünschten. Gleiche Bestrebungen liefen bei der katholischen Bevölkerung. Vom November 1899 bis 1908 suchte der Eiringhauser Kirchbauverein bei der Muttergemeinde Verständnis und Hilfe für seine Pläne, die auf eine eigene Kirche oder wenigstens auf ein Bethaus in Eiringhausen abzielten. Endlich bekam er im August 1900 hinter dem Kriegerdenkmal von 1870/71 ein Baugelände geschenkt, ferner hatte er indessen 5 600 Mark an Beiträgen gesammelt und außerdem 600 Mark durch Austausch von Teilparzellen auf Sparkonto angelegt. Es bestand feste Aussicht, mindestens 20 000 Mark sofort für einen Bau bereitstellen zu können. Weil man aber mit der Kirchenvertretung in Plettenberg in der Kirchenbausache nicht weiterkam, und auch die Abhaltung von 14tägigen Gottesdiensten auf einem Saal in Eiringhausen abgelehnt wurde, baten die Männer des Kirchbauvereins den Superintendenten Niederstein in Lüdenscheid und das Consitorium in Münster um ihr Eingreifen. Von Amtmann Vorwerck und seinem Nachfolger Amtmann Struchtemeier (1908) sowie auch Pastor Ebbinghaus, Plettenberg, wurden die Bestrebungen unterstützt. Das Consistorium schickte am 9. 11. 1908 den Consistorial-Assessor Dr. Lippstren zu Besprechungen. Das Ministerium für geistliche Angelegenheiten in Berlin entschied am 1. 10. 1909, daß Eiringhausen mit den zugehörigen Ortschaften, insgesamt mit 1800 Seelen als selbständige Kirchengemeinde von der Muttergemeinde Plettenberg abgezweigt werden solle.
Der eigentliche Geburtstag der ev. Kirchengemeinde Eiringhausen ist nach der ergangenen Stiftungsurkunde der 1. November 1909.
Das neugewählte Presbyterium setzte sich aus sechs Presbytern und die größere Kirchenvertretung aus 24 Repräsentanten zusammen. Als 1. Pfarrer wurde am 16. 4. 1910 Hilfsprediger Friedrich Troll er aus Niederwetz (Kr. Wetzlar) gewählt. Bis zu seiner Einführung hat Pastor Ebbinghaus mit dem Wort im Gottesdienst und zu den Amtshandlungen im Gottesdienst gedient. Mit Eifer wurde der Bau der Kirche und des Pfarrhauses betrieben. Am 21. 4. 1912 wurde der Grundstein gelegt. Die Einweihung der Johanniskirche fand am 18. 1. 1914 statt. Die Kirche ist in ihrer modernisierten romanischen Art der Typ einer Predigtkirche; in ihr können 850 Menschen Platz finden. Die Anschaffung der Glocken, der Orgel, eines Teils der bunten Fenster und des Inventars wurde durch Spenden ermöglicht. Besonders zu erwähnen ist die Stiftung der kleinen Glocke durch den ersten Kirchmeister Wilhelm Schmellenikamp, der volltönenden, schönen Orgel mit 17 Registern durch die Firma Graewe & Kaiser (sie kostete 7 000 Mark), des bunten Kirchenfensteris „Gethsemanebild im Altarraum“ durch Presbyter Ernst Schürmann und 1920 der zwei Schraffit-Gemälde „Krieg“ und „Frieden“ mit den Namen der Gefallenen des ersten Weltkrieges durch das Gemeindeglied Gustav Herzhoff. Die Gemeinde richtete den Friedhof am Silberg und einen weiteren für den Ort Pasel ein. (…) Um dem kirchlichen Vereinswesen eine Heimat zu schaffen, erwarb die Gemeinde im Jahre 1935 das Schmellenkampsche Wohnhaus neben der Kirche als Vereinshaus; der für die Konfirmandenlehre und die Bibelstunden eingerichtete Raum unter dem Altar der Kirche (nach Süden) war inzwischen für einen kirchlichen Kindergarten eingerichtet worden.
(…)
Zit. aus der Festschrift anl. des 50-jährigen Bestehens der Kirchengemeinde Eiringhausen 1959 (S. 3f)